Schicksal am Berg

Einige Tage auf der Nordinsel in Neuseeland sind bereits verstrichen. Die meisten davon haben uns mit schlechtem bis sehr schlechtem Wetter begleitet. Umso gespannter verfolgten wir die Wettervorhersage für den Tongariro Nationalpark. Das sogenannte Tongariro Alpine Crossing ist Teil von Neuseelands „Great Walks“ und äußerst beliebt bei zahlreichen Touristen. Und vor allem bei Herr der Ringe Fans. Wir brachten uns also in etwa zweistündige Schlagdistanz, um am genau passenden Tag starten zu können. Es sollte Montag, der 12. Dezember werden. Nur ein Tag Sonne. Alle Tage davor waren von Regen und geschlossener Wolkendecke geprägt – genauso wie auch die nachfolgenden Tage. Also, Parkplatz und Shuttle gebucht und auf ging es in den Nationalpark!

Diese Wanderung gehörte von Vornherein zu den Highlights unseres ganzen Sabbaticals und entsprechend hohe Erwartungen hatten wir daran. Vielleicht war es Schicksal, dass wir diesen Tag wählten. Vielleicht war es auch Schicksal, dass diese Wanderung auf unserem Reiseplan stand. Vielleicht ist auch Zufall, dass wir während der Wanderung lange Strecken entlang des Schicksalsbergs aka Mount Ngauruhoe passierten. Alles eben wie Schicksal, so ein bisschen. Hier entlang das pazifischen Feuerrings. Des Rings, sie zu knechten, dessen Ende hier sein Schicksal fand. Denn vor einigen Jahren kamen auch die Gefährten rund um Frodo hier entlang des Weges und vernichteten den einen Ring im glühenden Feuer des „Schicksalsbergs“… Ja ja, okay. Also die ganze Gegend stand Kulisse für Mordor in der Herr der Ringe. Konnte man sich schon gut vorstellen, wie dort früher Sauron und seine Gang aus Orks abhingen, während sie die Vernichtungspläne für Mittelerde schmiedeten. Spoiler: Tja, war wohl nix!

Wie auch immer, um unseren Shuttle um 8 Uhr zu erwischen, übernachteten wir auf einem Freedom Campingplatz in der Nähe. Ungefähr 50 andere Fahrzeuge taten dies ebenso.. Shuttles gab es von 6 – 10 Uhr, stündlich. Beim Aufstehen war das Wetter tatsächlich grandios, wolkenlos, Sonne – wie angekündigt und noch besser. Also starteten wir pünktlich zum Abholparkplatz, welcher sich am Ende des Wegen befindet.

Das Crossing wird in der Regel von Süd nach Nord gegangen, da bei dieser Richtung 300 Höhenmeter weniger zu bewältigen sind. Die Shuttles bringen einen vom Endpunkt zum Startpunkt, sodass jeder sein eigenes Tempo gehen kann. Die Hauptstrecke misst 19,4 Kilometer plus einen weiteren Kilometer bis zum Carpark. Track record: 1h 25m. Habe wir nicht ganz geschafft.

Aber was sollen wir sagen, wir wurden nicht enttäuscht! Wir und gefühlt 1.000 andere Leute nicht. Die Wanderlustigen hatten sich etwas angestaut und diesen herrlichen Tag abgewartet. Alle (fast alle) liefen in dieselbe Richtung. Munter ging es über raue und trockene Vergatation, mit Büschen und Fels. Viel Rot, viel Schwarz – überwiegend Lavastein und oxidierte Steine. Landschaftlich war das wirklich sehr cool und besonders, da wir uns in einer aktiven Vulkangegend bewegten. Der letzte Ausbruch in der Gegend ereignete sich 2012. An diversen Stellen dampfte der Stein fröhlich vor sich hin. Hier und da konnten wir sogar das Wasser blubbernd kochen hören. Schon speziell. In den europäischen Alpen gibt es das nur im Kochtopf.

Der Weg selber ist super beschildert. Viele Infotafeln (wie weit, wie ist der Weg, was sind ungefähre Gehzeiten usw.) waren alle paar Kilometer aufgestellt. Gleiches gilt für Toilettenhäuschen – klassisch Plumpsklo – alle 3-4 Kilometer. Der Zustand war wirklich okay für nen Vulkanberg, da lässt sich nicht meckern. Besonders schützenswerte Stellen oder Moore waren mit Holzplanken überbaut. Alles bestens. Die erste Hälfte ging es konstant bergauf, etwa 800 Meter bis zum höchsten Punkt am Red Crater (1.886 mNN). Es gab türkisblaue Seen, rote staubige Plateaus und eben den einen oder anderen Vulkan am Wegesrand. Wirklich stark – sowas sehen wir selten! Dann ging es etwa 1.100 Meter bergab bis zum Carpark. Das einzige blöde Stück war der direkte Abstieg vom höchsten Punkt, das war sehr geröllig und teils sehr sandig, wo jeder Wanderer mehr oder weniger elegant herabrutschte. Alles andere war gut zu gehen und technisch wenig anspruchsvoll. Man brauchte eben Ausdauer.

Also: we did it – wir haben Mordor und den Schicksalsberg bezwungen! Beweisvideo am Ende ;- )

Tongariro Alpine Crossing // 12. Dezember 2022

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